Polkörperdiagnostik (PKD)

 

 

Die Polkörperdiagnostik ermöglicht im Rahmen einer künstlichen Befruchtung (IVF oder IVF/ICSI) die genetische Untersuchung der Eizelle in Hinblick auf Chromosomenfehlverteilungen (Aneuploidien). Ziel der Diagnostik ist, die Geburtenrate zu erhöhen und das Fehlgeburtsrisiko zu senken.

Mit zunehmendem Alter der Frau steigt die Anzahl an Eizellen mit zahlenmäßigen Chromosomenfehlverteilungen an. Chromosomal fehlverteilte (unbalancierte/aneuploide) Eizellen weisen nach der Befruchtung geringere Einnistungsraten auf und haben eine höhere Wahrscheinlichkeit, als Fehlgeburt wieder abgestoßen zu werden. Daher profitieren insbesondere Frauen im Alter > 35 Jahren von der Polkörperdiagnostik. Ebenso können Frauen, die mehrere Fehlgeburten erlitten haben, sowie Frauen, bei denen trotz wiederholter IVF/ICSI-Behandlungszyklen keine Schwangerschaft eingetreten ist, von der Polkörperdiagnostik profitieren. In diesen Fällen finden sich häufig unabhängig vom Alter vermehrt Chromosomenfehlverteilungen in den Eizellen.

Die Polkörper sind Abschnürungen aus dem Zellkern der Eizelle, die während der Eizellreifung entstehen, aber für die Weiterentwicklung der befruchteten Eizelle nicht notwendig sind. Nach hormoneller Stimulation der Eierstöcke, Eizellgewinnung und Befruchtung in vitro werden beide Polkörper aller befruchteten Eizellen mikrotechnisch entnommen. Mittels einer speziellen Analysetechnik (Array-CGH (comparative genomische Hybridisierung) oder NGS (next generation sequencing)) wird die Anzahl aller 23 menschlichen Chromosomen in den Polkörpern ermittelt und dadurch auf den Chromosomengehalt der Eizelle zurückgeschlossen. Auf diese Weise können Eizellen mit einem korrekten Chromosomengehalt für den späteren Embryotransfer identifiziert werden. Damit wird die Wahrscheinlichkeit auf die Entstehung einer intakten Schwangerschaft erhöht und die Anzahl an Embryotransfers, die eine geringe/keine Wahrscheinlichkeit auf die Entstehung einer intakten Schwangerschaft aufweisen, vermindert.

 

Euploider Polkörper (aus Datenschutzgründen leicht modifziertes Profil)

Aneuploider Polkörper (aus Datenschutzgründen leicht modifiziertes Profil)

 

Neben den genannten zahlenmäßigen Fehlverteilungen ganzer Chromosomen können auch unbalancierte strukturelle Chromosomenstörungen mit Hilfe der Polkörperdiagnostik erfasst werden. Somit profitieren auch Trägerinnen einer balancierten strukturellen Chromosomenstörung, z.B. einer Translokation oder Inversion, von der Polkörperdiagnostik, insbesondere wenn Störungen der Fertilität vorliegen, bereits wiederholte Fehlgeburten eingetreten sind oder ein Kind mit einer unbalancierten Chromosomenstörung geboren wurde. 

Die Polkörperdiagnostik ist eine in Deutschland legale Untersuchungsmethode, da sie weder das Embryonenschutzgesetz noch das Gendiagnostikgesetz verletzt. Nach heutigem Kenntnisstand kann davon ausgegangen werden, dass die Polkörperdiagnostik keinen negativen Effekt auf die künftige Entwicklung des Embryos hat.

Mit der Polkörperdiagnostik werden nur Chromosomenfehlverteilungen seitens der Eizelle untersucht. Nicht erfasst werden Chromosomenfehlverteilungen, die während der Samenzellreifung und/oder frühen Embryonalentwicklung entstehen. Balancierte strukturelle Chromosomenstörungen entziehen sich der Diagnostik ebenso wie einige weitere genetische Veränderungen, z.B. Genmutationen auf der DNA-Ebene, uniparentale Disomien (UPD) oder komplette Nulli- oder Disomien der Eizelle, die zur Entstehung eines mono- oder triploiden Embryos führen würden. 

 

Die Polkörperdiagnostik ist eine sehr aufwendige Untersuchungsmethode auf der Basis der sog. Einzelzelldiagnostik. Aufgrund der extrem geringen zur Verfügung stehenden DNA-Menge kann in bis zu ca. 15%  der Eizellen kein aussagekräftiges Ergebnis erzielt werden. Aus technischen Gründen muss von einer Fehlerrate von ca. 5% ausgegangen werden.

In Abhängigkeit von der individuellen Situation erfolgt nach Polkörperdiagnostik ein Frischtransfer oder eine Kryokonservierung der Eizellen für einen späteren Transfer in einem Auftauzyklus.

Im Falle einer Schwangerschaft kann eine Polkörperdiagnostik eine Pränataldiagnostik nicht ersetzen. Allerdings darf nach aussagekräftiger Untersuchung davon ausgegangen werden, dass die Wahrscheinlichkeit einer Chromosomenfehlverteilung um ca. 80% reduziert ist.

Die Array-CGH-/NGS-Diagnostik wird als sogenannte individuelle Gesundheitsleistung angeboten, wobei sich der Rechnungsbetrag nach der Anzahl der untersuchten Eizellen und Polkörper richtet.

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